Auf der Pirsch…

Auf der Pirsch mit Hartmut Felgner und 🐕 „Urmel„: Zweistündiger Natur- und Wald-Entdeckungsspaziergang rund um den Burrensee (Schlater Wald) mit dem ehemaligen Jugend- und Biotopobmann sowie Wildtierbeauftragten der Kreisjägervereinigung Göppingen. Auch für Familien mit Kinderwagen geeignet.

Der „Burrensee“ (F: Schlater Wald) – Lebensraum für Amphibien, Reptilien, Fische und verschiedene Vogelarten, wie bspw. Graureiher und Stockenten.

Schon gewusst? Die Bundeswaldinventur ist eine durch das Bundeswald-gesetz vorgeschriebene forstliche Großrauminventur. Die 4. BWI wurde für den Zeit-raum zw. April 2021 und Ende 2022 verordnet (Daten werden an permanenten Probepunkten in einem Raster von 4 km über ganz Deutschland erfasst). Sie gibt Auskunft über die Naturnähe des Waldes, den Rohstoff Holz, die Baumartenverteilung, das Alter und den Zustand der Wälder u.v.m.

Der jetzt von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt BW ‚FVA‘ vorgestellte Bericht über die Ergebnisse der Inventur für den Lkrs. Göppingen gibt einen detaillierten Überblick über die aktuellen Waldstrukturen, Baum-artenvielfalt und Nachhaltigkeit der Waldnutzung in der Region. Dabei unterstreichen die Ergebnisse die zentrale Rolle des Waldes als Ökosystem, die wirtschaftliche Ressource und den Betrag zum Klimaschutz.

Danach erstreckt sich der Wald im Landkreis über eine Gesamtfläche von etwa 22.000 ha, was einem gleichbleibenden Niveau im Vergleich zu den letzten Inventuren entspricht. Dabei entfallen > 40 % der Waldfläche auf private Wald-besitzer, rd. 30 % auf Kommunen und Körperschaften und 27 % auf Staatswald. Damit leistet die private Waldbewirtschaftung einen entscheidenden Beitrag zur regionalen Holzproduktion. Aufgrund der Dominanz der Waldflächen in privatem Eigentum liegt im Lkrs. Göppingen ein Fokus auf der Beratung und Betreuung des Privatwaldes.

Die Inventur zeigt eine Verschiebung der Zusammensetzung von bisher Nadel-baum- zugunsten von Laubholzarten.

i 1.000 Jahre Lebensraum – Artenparadies Eichenbaum: Eichen werden heute bei uns gerade einmal 120 – 140 Jahre alt. Dann kommt in der Regel die Motor-säge. Dabei ist eine Eiche so viel mehr, als das Holz, aus dem sie besteht: Allein in ihrer Krone leben über 1.000 verschiedene Insektenarten – reiche Nahrung für Kleiber, Waldlaubsänger, all die Spechtarten und viele Vögel mehr. Und je älter der Baum, desto wertvoller ist er als Lebensspender. Haben auch sie als Kind mit offenem Mund vor einer mächtigen Eiche gestanden, die 1000(!) Jahre alt sein sollte? Ob es auch in noch einmal 1000 Jahren solche bestaunenswerten alten Baumriesen gibt, hängt ganz von uns Menschen ab. Wir müssen dazu wieder mehr echten Eichenwald wachsen lassen. Als Lebensraum – nicht als reine Holzplantage. (NABU 14.11.24).

Diese Entwicklung unterstreicht den Übergang zu widerstandsfähigeren und ökologisch wertvollen Mischwäldern. Diese Baumarten sind nicht nur besser an klimatische Verhältnisse angepasst, sondern bieten auch Lebensräume für eine Vielzahl von Tierarten, wie bspw. Schwarz- (HF) und Rehwild, Fuchs und Hase oder der Waschbär (Neozoen); siehe auch HF „Tierische Einwanderer“.

Das Land Baden-Württemberg ist auf Bundesebene Spitzenreiter im Bereich der naturnahen und sehr naturnahen Wälder. Kein anderes Bundesland hat so viele Wälder, die der natürlichen Waldgesellschaft entsprechen.

Anmerkung: Hierzu beigetragen haben sicherlich auch die Trockenheit der letzten Jahre sowie freigewordene Flächen durch Borkenkäfer-Aufarbeitungen und Orkane wie bspw. „Wiebke“ + „Lothar“ in den Jahren 1990 und 1999.

Das bisherige Erscheinungsbild des Waldes hatte sich schlagartig verändert: Wo bisher dichter, schattiger Wald war, ist eine offene, besonnte Fläche – ein neuer Lebensraum entstanden. Darin finden Tiere und Pflanzen verschieden-artige, kleinflächige Biotope vor: mit Wasser gefüllte „vorsätzliche“ Reifen-spuren für Amphibien (z.B. Bergmolch), ein Wurzelteller als Unterstand für Fuchs und Dachs oder Totholz für Reptilien und Insekten.

Die Naturnähe der Wälder im Lkrs. Göppingen hat sich weiter verbessert. In den vergangenen 20 Jahren stieg der Anteil naturnaher Wälder auf 58 % der Gesamtwaldfläche. Damit liegt der Landkreis über dem deutschen Durch-schnitt von 50 %. Eine Zunahme von Biotopbäumen (z.B. sogenannte Specht-bäume – verlassene Spechthöhlen sind beliebter Wohnraum für eine ganze Menge Nachmieter, wie Hornissen, Wespen, Hummeln, Marder, Siebenschläfer, Fledermäuse, Waldkauz u.a.) und die steigende Vielfalt in der Altersstruktur der Bestände tragen zu einer größeren Stabilität und Biodiversität bei.

Insbesondere der Anstieg des Totholzanteils im Wald von 27 auf 29 m3 pro ha wird als positiv bewertet, da er eine zentrale Rolle im Ökosystem spielt. Totholz bietet Lebensraum für unzählige Pilz-, Insekten und Vogelarten (u.a. Greifvögel wie Rotmilan, Mäusebussard und Kolkrabe) und ist somit ein Schlüsselfaktor für den Erhalt der biologischen Vielfalt.

Die Ergebnisse der BWI betonen die nachhaltige Forstwirtschaft in der Region. Die jährliche Nutzung bleibt innerhalb der natürlichen Zuwachsraten, sodass der Holzvorrat langfristig stabil bleibt. Der Gesamtvorrat liegt bei 198.080 m3, was die hohe Leistungsfähigkeit der Wälder in der Region widerspiegelt. Diese Vorräte stellen nicht nur eine bedeutende Ressource für die lokale Holz-industrie dar, sondern spielen auch eine wichtige Rolle bei der Speicherung von Kohlenstoff und tragen damit zum Klimaschutz bei.

Nur heile Wälder sind Klimahelfer: Bäume Speicher CO₂, weshalb große Hoffnungen in sie gesetzt werden, die Klimaerwärmung in Grenzen zu halten. Sind die Ökosysteme aber beschädigt, können sie diese Leistungen nicht bringen… Um das von ihnen verursachte CO₂ zu kompensieren, lassen viele Unternehmen und Privatpersonen Bäume pflanzen. Das kann sinnvoll sein, wird aber auch kritisiert. Teils werden Bäume in Gebieten gepflanzt, in denen sie wenig Überlebenschance haben, etwa in sehr trockenen Regionen. Oft ist es aber auch nicht nötig, Bäume aktiv zu pflanzen. Wenn nur Teile eines intakten Waldes geschädigt wurden, regeneriert sich dieser von selbst. In anderen Fällen werden auch Bäume als CO₂-Kompensation gewertet, die nicht zu einem ökologisch wertvollen Wald wachsen, sondern zu einer Plantagenwirtschaft gehören. Das CO₂ wird in dem Falle sehr bald wieder freigesetzt.

Schwierig ist auch zu sagen, wie viel CO₂ ein Baum pro Jahr speichert, schreibt die Stiftung Unternehmen Wald, die selbst Bäume als CO₂.Kompension pflanzt. Als Faustformel gilt, dass 1 ha Wald pro Jahr etwa 6 t CO₂ speichert – das gilt aber durchschnittlich über alle Altersjahre hinweg. Junge Bäume speichert noch wenig CO₂. (Auszug Yasemin Gürtanyel „Nur heile Wälder sind Klima-helfer“ SWP/WISSEN 4.12.21).

Mit den Ergebnissen der BWI ’22 stehen Entscheidungsträgern und Forst-experten fundierte Daten zur Verfügung, um die Waldwirtschaft im Lkrs. Göppingen an die Herausforderungen des Klimawandels anzupassen. Der Fokus liegt darauf, die Resilienz der Wälder durch vielfältige Baumarten-mischungen zu stärken und die Versorgung mit dem Rohstoff Holz zu sichern.

Zum Foto: 2001 auf einer Exkursion (VHS Göppingen) im N.P. Müritz in der Kernzone eine Kragenkiefer erstmals besichtigt. Bei entsprechender Google-Eingabe stößt man auf den Drawieńskiego Parku Narodowego und auf einen Exk.-Bericht der Forsthochschule Rottenburg 5/2016 aus dem Białowieża-Urwald/PL; mit meinem polnischen Försterfreund habe ich (für ihn bis dahin unbekannt) in der Puszcza Augustowska weitere Expl. gefunden. Dann 2021 bei einer Exkursion (Bund Naturschutz Kreisgruppe München) im Naturpark Am Stettiner Haff; danach im NSG Altenrhein/CH, im Parc naturel régional des Vosges du Nord / Réserve de biosphère transfrontaliére par I’UNESCO/F …und „natürlich“ im Schlater Wald. Sie zählt zwar zur Waldkiefer, stellt aber mit ihren aufgestellten „Dachziegeln“ eine genetische Besonderheit der Natur dar.

Efeu: Als Standort werden Wälder und Auengehölze, Steinbrüche und Ruinen bevorzugt. Sobald bspw. ein Baum erreicht wird, ist der Efeu in der Lage, durch Haftwurzeln daran emporzuklettern (dabei werden Höhen bis zu 20, selten bis zu 30 m erreicht). Im Bereich der Auwälder deutet ein Aufklettern des Efeus an den Bäumen auf eine höhere Luftfeuchte hin. Es schadet dem bewachsenen Baum nicht. Mit einer bei uns späten Blütezeit in den Monaten September bis Oktober ist der Efeu eine Besonderheit innerhalb der mitteleuropäischen Flora mit ihren hauptsächlich in den Frühjahrs- und Sommermonaten blühenden Pflanzen. Aufgrund dieser späten Blütezeit ist der Efeu eine wichtige Nahrungs-quelle für Bienen, Wespen und Schwebfliegen; von den Schmetterlingen besucht der Admiral die Blüten.

Ein besonders Augenmerk gilt auch der Sicherung des Waldes als vielfältiger Lebens- und Erholungsraum, zugleich auch Exkursions- und Aktionsraum, z.B. für die Grundschule Schlat.

Quellen: Wolf Grombacher „Der Wald stirbt einen leisen Tod“ und „Zeit zum Aufwachen“ SWP/magazin 2.10.21; Jürgen Schäfer „Durchforstung an Wald-strecke“ NWZ 17.11.22 und „Landkreis hat überdurchschnittlich viel naturnahe Wälder“ 14.1.25; PM Landratsamt Göppingen 9.1.25/FVA BW; Infotafel „Natur-pfad Sturmwurf“/Lokale Agenda, Forstamt Göppingen/Studierende der FH Nürtingen im Göppinger Oberholz; Wikipedia; siehe auch HF „Wandel im deutschen Wald“ und HF „Die Stockwerke des Waldes“!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert