Wildschweine gehören zu den größten Tieren, die in Mitteleuropa noch in freier Wildbahn vorkommen. Zu sehen sind sie aber selten – vermutlich hast du sie im Wald noch nie zu Gesicht bekommen. Sie verstecken sich tagsüber im Unterholz oder bleiben einfach im Maisfeld und gehen abends oder nachts auf Futtersuche. In letzter Zeit sind die borstigen Tiere oft in den Nachrichten. Das liegt daran, dass sich gerade die Afrikanische Schweinepest [ASP] in Europa aus-breitet. Die Krankheit befällt Haus- und Wildschweine (sie sterben fast immer dran). In Deutschland wurden bisher nur wenige infizierte Tiere gefunden.
Bei der Untersuchung zur Überwachung der klassischen bzw. europäischen Schweinepest werden in Baden-Württemberg seit 2012 bei s.g. Risikotieren (Haus- und Wildschweine) ergänzende präventive Abklärungsuntersuchungen auf ASP durchgeführt. Für andere Tiere und Menschen stellt die ASP keine Gefahr dar; zZ. Fälle bei Wildschweinen in Belgien, Tschechien, Litauen, Estland, Lettland, Polen, Rumänien, Russland, Großbritannien (ZEIT 12.12.18) und Deutschland (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern) SWP 4.12.19; BMEL 10.9.20.
Rüssel und große Eckzähne, s.g. Hauer: Wildschweine haben ein braun-schwarzes, borstiges Fell, einen keilförmigen Kopf (Foto links) und einen großen Rüssel (Foto rechts). Augen und Ohren sind eher klein. Sie können bis zu 200 kg wiegen und fast 1 m hoch werden. Die ♂♂ sind leicht an ihren langen Zähnen zu erkennen. Die Eckzähne ragen oben und unten aus dem Mund heraus. Wildschweine wühlen bei der Futtersuche im Boden, mit ihrem Rüssel können sie sogar steinige und harte Böden aufbrechen.
Substansschäden (z.B. Flurschäden) können vom Schwarzwild durch das Brechen verursacht werden. So müssen Wühlgruben, die bis zu einem halben Meter tief sein können, im Grünland häufig mit zusätzlich angefülltem Mutter-boden wieder ausgeglichen, eingeebnet und neu eingesät werden.
Sie sind Allesfresser: Ob frische Früchte (F: Europäischer Wildapfel/Holzapfel Malus sylvestris), Eicheln (F: Stieleiche/Deutsche Eiche Quercus robur), Kastanien (F: Gemeine Rosskastanie Aesculus hippocastanum), Blätter, Wurzeln, Pilze (F: Fichtensteinpilz/Herrenpilz Poletus edulis), Insekten (F: Grünes Heupferd Tettigonia virridissima), Vögel, kleine Säugetiere (F: Apodemus flavicollis) oder sogar Aas (F: Fallwild/Rothirsch Cervus elaphus) ihnen schmeckt alles. Deshalb finden sie fast immer und überall etwas zu fressen. Satire und Fakt: „Oh je, da haben Wölfe doch tatsächlich im Revier vom Birkwalder Jäger einen Frischling gerissen…“ („Wir sind von Wölfen regelrecht umzingelt“ LR 14.3.15 ). Anm.: Was soll der Aufschrei und Futterneid gegenüber dem „Mitjäger Wolf“? …unter Berücksichtigung der ASP, einem „Wildschwein-Zucht-programm“ (riesige Maisanbauflächen) und einer Jagdstrecke in Deutschland im Jagdjahr ’14/’15 von > 520.000 Stück (2022/2023 deutschlandweit 462.220 Wild-schweine)?!
Wildschweine in der Stadt: Wildschweine sind sehr anpassungsfähige Tiere. Außerdem hat die Zahl der Tiere in Deutschland in den vergangenen Jahr-zehnten zugenommen. Deshalb kann es immer wieder vorkommen, dass sie sich in Städte verirren. V.a. in der Hauptstadt Berlin (Hauptstadt der Wild-schweine; seit den 1990er-Jahren ist der urbane Lebensraum für die Tiere immer attraktiver geworden. Zu Mauerzeiten waren sie eine Seltenheit, heute gehen Experten von etwa 5000 Expl. in Berlin aus.) sorgen sie mitunter für Probleme. Dort leben viele Tiere in den stadtnahen Wäldern und dringen immer weiter in die Stadt vor (zwei sind sogar einmal auf dem Alexanderplatz mitten in der Innenstadt entdeckt worden). Die Tiere wühlen den Boden auf und können so in Gärten und Parks, manchmal auch auf Fußballplätzen, große Schäden anrichten. Außerdem durchsuchen sie Mülltonnen nach Essensresten.
Die Mitglieder der Wildchwein-Familie haben besondere Namen. Diese kommen ursprünglich aus der Jägersprache, werden aber auch von anderen Menschen verwendet. Die Wildschwein-Sau ♀ heißt Bache, ihre Kinder sind die Frischlinge. Der Eber, also das Männchen ♂, wird Keiler genannt und ist meistens als Einzelgänger unterwegs. Mehrere Bachen leben in einer Rotte (Gruppe), die von der Leitbache angeführt wird, meist dem ältesten und erfahrensten Tier.
Überläufer bezeichnet in der Jägersprache das Schwarzwild beiderlei Geschlechts im 2. Lebensjahr. ♀♀ Überläufer bleiben in der Rotte bei der Bache; ♂♂ werden mit dem Beginn der Geschlechtsreife aus der Rotte vertrieben.
Der Nachwuchs: Der Beginn der Paarungszeit („Rauschzeit“) wird von den Bachen bestimmt, da die Keiler das ganze Jahr über befruchtungsfähig sind. Sie fällt in die Zeit von Ende Oktober bis März, mit Schwerpunkt im November / Dezember (wenn die Leitbache gestorben ist, so können die Bachen auch im Sommer rauschig werden). Etwa vier Monate später kommen dann die Frisch-linge zur Welt. Mittlerweile können Wildschweine aber fast das ganze Jahr über Nachwuchs bekommen, da die Winter sehr mild sind und es immer genug zu fressen gibt. Wildschweine gehören zu den ersten Säugetieren, die im Frühjahr Nachwuchs zur Welt bringen. für die Geburt gräbt die Mutter eine Kuhle („Wurfkessel“) in den Boden. Wildschwein-Babys sind mit ihrem gestreiften Fell gut getarnt.
Schau dich bei deinem nächsten Waldspaziergang aufmerksam um. Zwar wirst du wahrscheinlichkeine Widlschweine entdecken, aber bestimmt einige spuren, die die Tiere hinterlassen haben. Hinweise können sein: ein aufgewühlter Boden (obige Fotos „Aufbrüche“), wo Wildscheine nach Futter gesucht haben, oder matschige Kuhlen, in denen sich die Tiere gesuhlt haben.
Wildschwein-fährten (F: Baerenthal – Parc naturel régional des Vosges du Nord/Frankreich) im Matsch oder mit getrocknetem Schlamm beschmierte Baumstämme sind ein Zeichen, dass hier vermutlich ein Wildschwein war. Es hat sich ausgiebig gekratzt, das nennt man „Malen“. Normalerweise muss man von Wildschweinen keine Angst haben, auch wenn sie ein bisschen furchtein-flößend aussehen. Nur wenn sie Gefahr spüren, können sie aggressiv werden. Zum Beispiel eine Bache mit ihren Frischlingen kann sich schnell bedroht fühlen. Falls es doch mal zu einer Begegnung kommt, sollte man Ruhe bewahren, stehen bleiben und sich dann langsam zurückziehen.
Aber es muss gesagt sein: Das gefährlichste frei lebende Tier in Deutschland ist das Wildschwein BUND HE 12.3.21; Landtag BW 28.1.24. Wildschweinen daher grundsätzlich die Vorfahrt lassen! Besondere Vorsicht ist geboten, wenn ein Hund im Spiel ist (sofort anleinen!). Sie greifen im Normalfall das Alphatier an. Sollten sie merken, dass dies der Hundeführer/ die Hundeführerin ist, kann es für den Menschen gefährlich werden, denn sie haben messerscharfe Eckzähne (Jägersprache: „Hauer oder Keilerwaffen“). Iris Humpenöder „So geht’s – Wölfen und Wildschweinen immer angemessen begegnen“ SWP 23.6.21.
Nachrichtlich: Das Hausschwein hat sich durch Jahrtausende lange Züchtung stark von dem ursprünglichen Wildschwein entfernt, das es einmal war. Bereits vor rd. 10.000 Jahren begann der Mensch, den anspruchslosen Allesfresser als Nahrungs- lieferant zu halten und nach seinen Vorstellungen zu züchten. In den letzten Jahren hat sich die Schweinehaltung in Deutschland quantitativ stark verändert: 2023 = 20,7 Mio. gehaltene Schweine in 15.900 Betrieben; 1.302 Tiere pro Betrieb SWP/WISSEN/ Domestierte Wildtiere 7.10.23.
Quellen: Assata Frauhammer „Borstige Allesfresser“ SÜDWEST PRESSE / KRUSCHEL 14.12.20; „Fährten und Spuren“ Bestimmungshilfe für Natur-freunde DJV 2023; Hartmut Felgner „Die Rückkehr der Großraubtiere“ pdf und F-Serie; Wikipedia.