Der Waschbär – Reihe: Tiere in der Stadt

Waschbär Procyon lotor …der Räuber mit der schwarzen Maske © Sonja Felgner

Als Pelzlieferant wurde der Waschbär in den 1920/30er J. aus Nordamerika zu uns gebracht und fristete sein Dasein in den Folgejahren hauptsächlich in Pelzfarmen. Gesichert ist, dass das Aussetzen von zwei Paaren am Edersee 1934 maßgeblich für ihre Verbreitung in Europa verantwortlich ist. Das Preußische Landesjagdamt hatte damals genehmigt, mit diesem Schritt „die heimische Fau-na zu bereichern“. Gut 10 Jahre später schafften es weitere Individuen, aus einer Pelztierfarm bei Strausberg/Berlin zu entkommen. Rückblickend steht fest, dass beide Populationen den Grundstock des heutigen deutschen Bestandes bil-den. Siehe auch Helga Kristina Kothe „Putzig, frisch und schlau“ SWP/Blick in die Welt/epd 9.4.24.

Blieb der Waschbär in den Folgejahren seiner Ansiedlung noch unter Natur-schutz, nahm Hessen den Kleinbären als erstes Bundesland in das Jagdrecht auf. Heute fällt er in fast allen Bundesländern unter das Jagdrecht. Die EU hat ihn mit Wirkung vom 3.8.16 auf die Liste der „invasiven, gebietsfremden Arten“ (Neozoen) aufgenommen. Der Umgang mit dem Waschbären als „Neubürger“ in Deutschland wird kontrovers diskutiert. Während die einen ihn am liebsten ausgerottet sähen, plädieren andere für eine friedliche Koexistenz. Doch der große Sündenbock, zu dem er oft gemacht wird, ist er wohl nicht. Wie so oft ist die Wahrheit vielschichtiger. Die ökologischen Generalisten genießen als Alles-fresser ein Leben fast ohne natürliche Feinde (Luchs, Wolf, Uhu, Baummarder) und finden im dichtbesiedelten Deutschland ein Überangebot an Futter. Sie leben bevorzugt in Städten, Gärten und Parkanlagen, wo sie sich – sehr beliebt – aus Müll- und Biotonnen bedienen.

…Inspektion am Gartenteich.

In der Dämmerung kommen die Waschbären aus ihren Tagesverstecken in Baumhöhlen, alten Fuchsbauten und menschlichen Behausungen hervor. Gut zu erkennen sind sie an der gräulichen Fellfärbung, dem geringelten Schwanz, der schwarzen Gesichtsmaske sowie der buckeligen Körperhaltung beim Lau-fen. Der Waschbär macht sich auf die Suche nach Nahrung.

Was seinen Speiseplan angeht, ist er nicht wählerisch. Er jagt gerne an Gewäs-sern und erbeutet dort kleine Fische, Krebse und Frösche. Dabei tastet er oft-mals mit den Vorderpfoten unter Wasser nach Beutetieren. An Land können auch schon mal Vögel (PS: 3 % an Vögeln und Eiern, allerdings beschleunigen sie bei kleinen Populationsbeständen, wie z.B. bei Brachvogel, Uferschnepfe und Kiebitz, das Artensterben!), Echsen, Salamander und Mäuse zu seiner Nah-rung zählen. Verschmäht wird aber auch pflanzliche Nahrung nicht, so frisst er bspw. auch Obst und Nüsse. Essensreste im v.g. Müll und auf dem Kompost, Fallobst und gefüllte Futternäpfe für Haustiere kommen für ihn einer Einla-dung gleich. (Wiki; „Kampfansage an Waschbären“ Frankfurter Rundschau 1.8.16; NABU2.8.16;  „Räuber mit Maske – Wie Waschbären die Städte er-obern“ GEOlino 11/2020; „Jäger kämpfen mit Bürokratie“ von Werner Schmidt, NWZ 6.3.23; „Wildtiere in der Stadt – das müssen sie beachten“Das Erste / BRISANT 29.4.23).

„Rasselbande“ – Waschbären ertasten ihre Nahrung mit den Vorderpfoten meist im seichten Wasser (F: Parc Animalier de Sainte-Croix/F © Sonja Felgner).

Schon gewusst? Waschbären können Bäume mit dem Kopf voraus hinunter-klettern. Dazu verdrehen sie ihre Hinterpfote, bis diese nach hinten zeigt. Dank ihrer langen und geschickten Finger gelten Waschbären als wahre Fingerakro-baten, vor denen nichts sicher ist. Neben Knoten aus Schnürsenkeln können sie sogar Muttern von Schrauben lösen. (Wikipedia)

Steckbrief: Alter durchschnittlich 8 – 10 Jahre; Größe rd. 50 cm; Gewicht 4 – 9 kg. Nacht- und dämmerungsaktiv lebt als Einzelgänger oder in lockeren Fami-lien- oder♂-Gruppen. Guter Kletterer mit ständig wechselnden Behausungen, lebt gerne in Höhlen und ist relativ standorttreu. Benötigt ausreichend Deckung als Ruheplatz. Hält Winterruhe überwiegend in Fuchs-/Dachsbauten. Nach der Paarung (Jan. – März) bringt das wieder allein lebende ♀ nach einer Tragzeit von 63 – 65 Tagen im Frühling im Schnitt 3 – 4 Junge zur Welt. Fortpflanzung einmal im Jahr, bei Verlusten kann es zur Nachranz kommen.♂helfen nicht bei der Aufzucht. (GEO „Wildtiere erobern die Stadt“ Jana Kühle 25.1.10; BW-Wild-tierbericht 2021; HF Großraubtiere, Anh.I.pdf).

In den Handlungsempfehlungen des Bundesamtes für Naturschutz zum Um-gang mit invasiven Arten gemäß der VO (EU) 1143/2014 wird bei den Beseiti-gungs- und Kontrollmaßnahmen für den Waschbär auch ein „gezieltes Präda-torenmanagement zum lokalen Schutz von naturschutzfachlich wertvollen Gebieten und Arten“ empfohlenZur Bejagung von Waschbären im befriedeten Bezirk siehe § 13 Jagd- u. Wildtiermanagementgesetz BW. In den Epizentren der Verbreitung gehören sie, wie vielerorts der Stadtfuchs, schon längst zum Sied-lungsbild. Hier kann es zu Konflikten kommen, wenn die Tiere sich in Gebäu-den einnisten und Schäden in Dachstühlen, v.a. an der Dämmung, anrichten (geeignete Vorkehrungen treffen Westfalia)! PS: Pilotprojekt „Waschbär-Mana-gement“ des Landes BW in den Landkreises Göppingen, Rems-Murr und Ost-albkreis siehe filstalexpress.de! *

* Für die getrennte Erfassung der Bioabfälle wurde im Landkreis Göppingen der Biobeutel eingesetzt. Es handelt sich um einen blauen Kunststoffbeutel mit einem Volumen von 15 Litern. Dürfte der v.g. Aktion zuwiderlaufen. In Berlin würde eine solche „ungeschützte Futteraktion“ (wenn denn der Waschbär als Beweis herhalten könnte) evtl. bis zu 5.000 € Bußgeld kosten „Niedlich oder nervig? TVdirekt 21/2023. Anm.: Dem Biologen Berthold Langenhorst vom NABU Hessen zufolge gehören Waschbären zu den intelligentesten Tieren der Welt: „Sie können Gläser und Dosen aufdrehen, die Gefahr durch Menschen einschätzen und wissen, dass man Bier trinken kann, wenn man die offene Flasche umstößt.“

Tipp: In Sachen ungebetener Wildtier-Gäste in Haus, Garten, Betrieb, Park & Schwimmbad kümmern sich die nach § 13a JWMG geprüften Stadtjäger im Landkreis Göppingen: Pfeffer & Frey Wildtiermanagement GbR  (für Gingen, Bad Boll, Bad Ditzenbach, Uhingen), Tel. 07161 – 9413169, kontakt@stadtjagd-gp.de; Ulrich Merkel (nur für Göppingen SÜD + Jebenhausen), Mobil: 0171 480 4471, ulrich.merkel@t-online.de; Edmund Maier (Uhingen + Nachbarorte), Mobil: 0176 2167 3087, maier.utedi@web.de.