Der Feldhase – Reihe: Tiere in der Stadt

Feldhasen Lepus europaeus – in den Monaten März und April befinden sie sich im Liebes♥rausch (F: N.P. Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer).

Nachrichtlich: Wildkaninchen. Die Ordnung der Hasentiere ist bei uns durch die Familie der „Echten Hasen“ (Hasen und Kaninchen) vertreten. Sie sind Pflanzenfresser und besitzen, im Gegensatz zu den Nagetieren, hinter den zwei oberen Nagezähnen noch je einen kleinen stiftförmigen Schneidezahn. Der Feldhase ist ein faszinierendes Tier – er ist nicht nur ein Meister der Tarnung mit einem ausgezeichneten Gehör, sondern auch ein exzellenter Sprinter mit einer ausgefeilten Fluchttechnik, den so schnell keiner einholt. Noch vor eini-gen Jz. war er ein häufiger Bewohner Baden-Württembergs. Als Charakterart der Feldflur kam er in relativ hohen Dichten in ganz Mitteleuropa vor, aller-dings sind die Bestände in den letzten Jz. überall stark zurückgegangen: Man geht davon aus, das starke Lebensraumveränderungen, v.a. durch die Inten-sivierung der Landnutzung europaweit zu dramatischen Bestandseinbrüchen geführt haben. Im Zuge dieser Entwicklung kam es zu Nahrungsmangel und dem Verlust von Deckungsstrukturen in der Landschaft sowie zu einem erhöh-ten Energieverbrauch, u.a. hervorgerufen durch den vermehrten Bewegungs-aufwand bei der Nahrungssuche. Außerdem wirken sich zahlreiche Krankhei-ten (Hasenpest Tularemie, European Brown Hare Syndrom, Pseudotuberkulose, Pasteurellose) auf die Bestandsdynamik der Feldhasen aus und diese stehen in einem Kontext mit dem Klimawandel.

Der Feldhase ist sehr scheu und lebt meist nachtaktiv als Einzelgänger. Er be-vorzugt warme, trockene und offene Flächen mit einer guten Rundsicht. Seine Sasse wählt der Feldhase so, dass er sein Umfeld möglichst weiträumig über-blicken kann. Im Winter lässt er sich in seiner Sasse sogar einschneien. Um mögliche Feinde zu täuschen, nimmt der schnelle Sprinter auf dem Weg zu seiner Sasse häufig Umwege in Kauf. Letztlich an seiner Sasse angekommen, macht er einen großen Sprung hinein, um seinen Feinden keine Duftspur zu hinterlassen. Auch das ist eine Besonderheit: Feldhasen haben an den Pfoten keine Duftdrüsen. Sie sind standorttreu und behalten ihr Revier ein Leben lang.

Junger Feldhase im Gemüsegarten (F: Kleingarten in Zell u.A. © Dr. Ernst Schumacher)

Feldhase in Wohnungsnot: Aufgrund des Lebensraumverlustes in der Agrar-landschaft ist er gezwungen, neue Lebensräume in dichter besiedelten Berei-chen zu erschließen. Wie viele andere Wildarten leidet auch er unter der Zer-schneidung der Landschaft durch Straßen. Seit etwa 15 Jahren wird die Land-flucht der Feldhasen in die Städte beobachtet. Dort treffen sie auf die schon länger ansässigen Kaninchen, die selbst auf kleinen Grünflächen zu finden sind. Hasen und Kaninchen kommen mit dem Menschen nicht ins Gehege. Die Stadt bietet für Hasen aber nicht nur viele Versteckmöglichkeiten: Hier herrschen meist auch mildere Temperaturen als auf dem Land, das Nahrungsangebot ist größer, sie werden nicht gejagt und es gibt weniger Feinde. (u.a. Wildtierbericht 2021 BW/Wildtierarten des Entwicklungsmanagements; „Im Wald und auf der Heide“ – Eine Bestimmungstafel der verbreitesten heimischen Wildarten LJV BW; BW-Wildtierbericht 2021, Steckbrief der Deutschen Wildtierstiftung, Man-fred Ronzheimer „Landflucht der Feldhasen“taz 14.4.22, „Ein Feldherr auf dem Rückzug“ GEO 4/1995; „Wildtiere in der Stadt – das müssen sie beachten“Das Erste/BRISANT 29.4.23).

In Deutschland fallen jährlich ungefähr 60.000 Feldhasen dem Straßenverkehr zum Opfer.

Schon gewusst? Nirgendwo in Deutschland leben statistisch so viele Hasen auf einer Fläche wie in den großen Stuttgarter Parks. Die Stadt ist ein regelrechtes Hasen-Mekka: Während sich in BW im Schnitt mehr als 15 Feldhasen auf 100 ha Fläche tummeln, hoppeln im Rosensteinpark, Schlossgarten und der Wilhelma (etwa 120 ha Fläche) über 100 Hasen durch die Gegend. (StN.de).

Nachrichtlich:

Kaninchen (Juv.) Oryctolagus cuniculus (F: NSG „Hohes Elbufer zw. Tesperhude und Lauenburg“ / UNESCO Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe“ / Schleswig-Holstein)

Kaninchen und damit auch das Wildkaninchen gehören zur Familie der Hasen-artigen und sind in Europa, Australien und Neuseeland sowie auf einigen Pazi-fik-Inseln und in Südamerika verbreitet; in Europa lebt nur das Europäische Wildkaninchen. Sie leben in Kolonien und graben Baue, deren Röhren sie über die „Einfahrt“ erreichen und über die „Ausfahrt“ wieder verlassen. Der Aufent-haltsraum im Bau ist der „Kessel“. Der Nachwuchs wird in der „Setzröhre“ (etwa armlang) zur Welt gebracht. Der Eingang zu dieser Röhre wird vom Muttertier jeweils nach dem Verlassen wieder sorgfältig verschlossen. Die Jungen kom-men nackt und blind zur Welt. Nach etwa 2 Wochen öffnen sich die Augen. Insges. werden Jungkaninchen rund 4 Wochen lang gesäugt. Nach bereits 5 – 8 Mon. sind sie geschlechtsreif – die ♀ etwas früher als die ♂. Die Kaninchenhä-sin ist nach dem „Setzen“ (Geburt) erneut fortpflanzungsfähig und kann somit 4 – 5 Mal im Jahr Junge zur Welt bringen. Daher stammt auch das Sprichwort: „Sie vermehren sich wie die Karnickel!“. Sie sind Pflanzenfresser und ernähren sich von Blättern sowie verschiedenen Kräutern und Gräsern. Seltener fressen sie mit kleinen Zweigen oder Rinden auch härtere Nahrung. Der Bogen der natürlichen Feinde reicht vom Wiesel über den Iltis, Marder, Fuchs, Luchs und Wolf bis hin zu größeren Greifvögeln, die den Bestand allerdings nur gering reduzieren. Kaninchen sind sehr scheue Tiere und bewegen sich selten weit weg von ihrem Bau. Beobachten kann man sie am Besten in der Dämmerung; an schönen Tagen sind sie auch in den Morgenstunden aktiv und genießen die ers-ten Sonnenstrahlen. In Gebieten mit weniger natürlichen Feinden, z.B. in Stadt- gebieten, sind sie auch untertags anzutreffen. Bei Gefahr warnt es, indem es mit den Hinterläufen auf den Boden trommelt.

Wildkaninchen sind kleiner und gedrungener als Hasen. Sie sind nicht so sehr auf den schnellen, langen Lauf, sondern auf den kurzen Sprint in den nächsten Unterschlupf hin entwickelt. Daher sind ihre Hinterläufe, auch „Springer“ ge-nannt, kürzer und nicht so kräftig ausgeprägt wie jene des Feldhasen. Ihre Löf-fel (Ohren) sind deutlich kürzer und abgerundet. Feldhasen sind größer und leben am freien Feld bzw. benötigen Deckung wie Hecken und Feldgehölzen. Kaninchen hingegen graben unterirdische Bausysteme. Zudem leben sie in Gruppen von bis zu 12 Tieren, Hasen sind eher einzelgängerisch bzw. leben in kleineren Gruppen. (u.a. Wildtierbericht 2021 BW/Wildtierarten des Entwick-lungsmanagements; Jagdfakten.at siehe auch Neozoen!). Siehe auch LNV-AK GP /Merkblätter – Touristik-Naturschutz-Aktionen!

 Schon gewusst? Wild- und Hauskaninchen sind ein und dieselbe Art. Trotz der vielen Zuchtvarianten, der in vielen Wohnungen lebenden Hauskaninchen, pas-sen sich entflohene oder ausgesetzte Tiere sehr rasch ihrer ursprünglichen Wildform wieder an. (Jagdfakten).