
Winter im Wald: Alles Leben scheint zum Stillstand zu kommen. “Wirklich? Igel und Siebenschläfer halten Winterschlaf: Fledermäuse auch (siehe „Strategien der Wildtiere“)- Aber Bäume? „Tatsächlich haben sie eine ähnliche Strategie wie die Bären, die sich im Sommer eine dicke Speckschicht für den Winter anfressen“, weiß Förster Peter Wohlleben. „Sie tanken kräftig Sonne und bilden mit ihrer Hilfe Zucker und andere Reservestoffe. Und diese lagern sie genauso in ihrer Haut ein wie der Bär.“ Forschungen (’19 veröffentlicht) weisen nach, dass speziell Eichen und Buchen überwiegend vom Winterniederschlag leben, auch an den heißen Tagen des Jahres Besonders effektiv sei der Schnee. Je feiner er sei, desto besser sei er für die Bäume. Grund: „Schnee taut langsam, Wasser zieht so allmählich in den Boden ein. Dieser Prozess wirkt wie eine Tröpfchenbewässerung“, so Wohl-leben.,Der Zuckervorrat, der in derRinde über den Sommer eingelagert wurde, aus bis zum Frühjahr reichen. Denn Bäume legen mit dem Neuaustreiben des Laubes erst los, wenn sie genug Tageslicht bekommen, unabhängig von der Temperatur. Buchen etwa brauchen mindestens 11 Stunden Licht. Folglich müssen Bäume laut Wohlleben eine Art Zeitgefühl besitzen.

Die Bäume sind kahl, alles ist grau und nass oder von Schnee bedeckt – im Winter ist im Wald nicht los? Im Gegenteil: Zwar halten viele Tiere Winterschlaf, Winterruhe oder sind in eine Winterstarre verfallen und viele Zugvögel sind in den Süden geflogen. Trotzdem gibt es auch in der kalten Jahreszeit im Wald viel zu beobachten. Manche Waldbewohner kannst du dann sogar besonders gut entdecken, wenn sie nach Futter suchen oder Fährten & Spuren im Schnee hinterlassen. Siehe auch Blog „Tiere im Winter“!

Auch kannst du weiter sehen, weil die Bäume und Sträucher nicht die Sicht mit einem Blätterwald einschränken. Wichtig ist es, die Tiere nicht zu erschrecken: Stress führt zu einem erhöhten Herzschlag und somit zu einem vermehrten Energieverbrauch. Und die ist ohnehin in der Kälte knapp!
Gute Nacht… bin im Winterschlaf (ein Zustand, in dem bestimmte Tiere mit Hilfe gesenkter Körpertemperatur ohne zu Fressen überwintern). Diese Wildtiere bekommst du in der Winterzeit nicht zu sehen: Igel Erinaceus europaeus (Foto: Buda Ruska/Nordost-Polen), Siebenschläfer (Foto: Schlater Wald) und Murmeltier Marmota marmota (Nationalpark Hohe Tauern/Öster-reich). Nicht im Bild, gehören aber zu den Winterschläfern, sind Fledermaus, Haselmaus und Feldhamster. Dafür haben sie sich teils im Herbst ein Fett-polster zugelegt und sich an frostgeschützte Plätze wie in Höhlen oder Baum-löcher zurückgezogen.



Auch Fische (Europäischer Wels oder Flusswels Silurus glanis – F: „Grenzbach“ NSG Langenauer Ried/BW), Frösche (Grasfrosch F: Gartenteich in Schlat), Lurche (Feuersalamander – F: Schlat-Unterdorf) , Schlangen (Kreuzotter – F: NSG Ramsholmen i Ekenäs, Raseborg/Süd-FIN), Schildkröten (Europäische Sumpfschildkröte – NP Lonsjko Polje/HR), Eidechsen (Zauneidechse – F: NSG Spielburg Göppingen-Hohenstaufen), Schnecken (Weinbergschnecke – F: Schlat – Rommental) und Insekten (Hornisse – F: Areal Gartenteich in Schlat) sind nicht mehr unterwegs. Sie verfallen in eine s.g. Winterstarre (ein Zustand, in dem viele Tiere überwintern, die ihre Körpertemperatur an die Außentempe-ratur anpassen) – das bedeutet, sie werden stocksteif, atmen kaum noch und auch das Herz schlägt nur noch alle paar Minuten.








Braunbär (Europ. Braunbär – F: Karhunpolku/Bärenpfad Nord-Karelien/FIN), Waschbär (F: N.P. Kellerwald-Edersee/HE), Dachs (F: von der Heiligenberg-straße zum Wegkreuz Richtung Wasserberg, Schlat) und Eichhörnchen (F: LIFE+ Vogelschutz in Streuobstwiesen des Mittleren Albvorlandes) verschlafen zwar auch einen Großteil der kalten Jahreszeit., sind aber auch immer wieder mal im Wald oder wie die Biber (F: D/NL-Naturentwicklungsgebiet „De Gelder-se Poort“) in ihren Gewässern unterwegs, v.a. bei gutem Wetter. Das nennt man Winterruhe (ein Zustand, den du dir als mehrfach unterbrochenen Winterschlaf vorstellen kannst, bei dem hin und wieder gefressen wird). Braunbär und Dachs fressen sich vor der Winterruhe einen ordentlichen Winterspeck an. Eichhörn- chen haben sich dafür im Herbst einen Futtervorrat angelegt und Bucheckern, Eicheln und Nüsse vergraben. Biber können in unserer Klimazone nur über-leben, wenn sie genügend Wintervorräte (meist Weidenäste, die am Boden des Gewässers vor Höhlen oder Nisthügeln befestigt sind) gesammelt haben.







„Das Beste aber für manche Tiere aber sei es, die frostigen Monate schlicht zu verdösen, in dem sie wie bspw. Eichhörnchen eine Winterruhe mit Unterbrechungen machen oder indem sie den Winter komplett verschlafen.“

Diese monatelange Schlafphase mit Atempausen, Pulssenkung und Auskühlung ist eine biologische Höchstleistung. So atmen z.B. Igel statt 50 x nur 1 – 2 x pro Minute, ihr Herz schlägt statt 200 x gerade noch 5 x pro Minute.

Murmeltiere holen sogar lediglich einmal alle paar Minuten Luft, in der gleichen Zeit schlägt ihr Puls nicht mehr 100 x, sondern nur noch 2 – 3 x. All dies führt dazu, dass der Energiebedarf enorm gesenkt wird. Im Sparmodus wenden Murmeltiere noch einen weiteren Trick an: Die Nager lassen energiefressende Organe schrumpfen. So sind Leber und Niere im Winter um ein Drittel kleiner, Magen und Darm nur noch halb so groß,“ so Förster Wohlleben.
Wer ist wach im Winterwald? Raubtiere wie Wolf (Eurasischer Wolf/Grauwolf Canis l. lupus), Luchs (Eurasischer Luchs/Nordluchs), Wildkatze (Europäische Wildkatze), Fuchs (Rotfuchs), Fischotter (Eurasischer Fischotter Lutra lutra), Baum- (auch Edelmarder Martes martes) und Steinmarder (auch Hausmarder Martes foina), Hermelin (auch Großes Wiesel), im hohen Norden der Vielfraß (Gulo gulo – skandinavisch: fjeldfross, was so viel wie Berg- oder Felsenkatze bedeutet), vielleicht auch der aus größerer Entfernung hinzugekommene Mar-derhund (auch Enok) und jüngst der Goldschakal (Eurasischer Goldschakal Canis aureus – beide Neozoen) sind natürlich auch im Winter auf Beutezug.


















Unser Schalenwild wie Wisent (Bison bonasus – bei uns nur am Rothaarsteig/ NW), Elch (Alces a. alces; bei uns in Brandenburg und auf dem Truppenübungs-platz Grafenwöhr/BY), Rot– (Cervus elaphus), Dam-, Sika– Cervus nippon Neo-zoen, Europäisches Muffel– Ovis orientalis musimon (überwiegend Gehegewild), Reh– (Capreolus capreolus), Schwarzwild (Sus scrofa), ebenso wie Feldhase (Lepus europaeus) und Federwild wie Auer-, Birk- und Haselwild, Fasan (Mongo-lischer Ring- Phasianus colchius mongolicus F: N.P. De Groote Peel/NL + Böh-mischer Jagd- „Kupferfasan“ Phasianus colchicus – beide Neozoen F: UNESCO Kulturlandschaft Wachau/A) und Rebhuhn (Perdix perdix) – im Gebirgswald noch Steinbock (Capra ibex), Gams (Rupicapra rupicapra), Schneehase (Lepus timidus) – bleiben ebenfalls im Winter wach (nennt man „winteraktiv“) und streunen auf der Suche nach Futter durch Wald und Feld. Wenn du genau hinschaust, kannst du vielleicht auch ihre Spuren im Schnee entdecken. Trotzdem müssen sich auch diese Tiere vor der Kälte schützen, bspw., indem sie sich ein dickes Winterfell zulegen. Außerdem ist Ruhe und Rückzug angesagt, um nicht zuviel Energie zu verbrauchen.




















Eine Meisterleistung ist, was einige Tiere im Winter vollbringen. Hirsche etwa stehen im Wald un verharren stundenlang in körperliche Starre. „Offenbar ohne zu frieren, weil sie ihre Körpertemperatur herunterführen, in weiten Bereichen bis auf 16 °C. Das spart Energie. Der Herzschlag verlangsamt sich, die Stoffwechselrate sinkt.“ Gestört wir die Körperreaktion, die besonders in kalten Nächten zu beobachten ist, wenn es gnug zuu fressen gibt, etwa durch Winter-fütterung (wie hier im Wildgehege Foto). „Mit vollem Magen setzt der nächtliche Winterschlaf nicht mehr ein, und der Körper verbraucht mehr Energie“.

Auch Rehe fahren ihren Stoffwechsel herunter: „Sie haben ein dickes, puscheliges Winterfell, farblich angepasst. Eher graubraun als rostbraun. Sie schauen, dass sie so wenig wie möglich unterwegs sind, um nicht zuviel Kalorien zu verbrennen. Noch eine Besonderheit: Rehe, die eigentlich Einzelgänger sind, bilden im Winter Gemeinschaften“, so Förster Peter Wohlleben.
Wintervögel wie Amsel, Spatz (Feldsperling), Meise (Kohlmeise) und Rotkehl-chen plustern ihr Gefieder auf. Dadurch entstehen Luftpolster, die die Wärme am Körper halten.




Viele Menschen wollen den Tieren im Winter helfen. Schließlich ist es bitterkalt und das Futterangebot ist knapp. In der Regel ist es aber nicht nötig, hier etwas zu tun. Im Gegenteil: Das Füttern von Wildtieren ist oft sogar verboten (Füttern nur in absoluten Notzeiten). In besonders kalten Wintern mit stark vereister Schneedecke füllt der Förster oder Jäger aber regelmäßig Futterstellen im Wald auf.


Und Vögel freuen sich dann über Futterkugeln oder Körnermischungen in gefüllten Futterhäuschen. Ganz wichtig: Ein Tier, das Winterschlaf hält, darf nicht geweckt werden. Das würde zu viel Energie kosten und das Tier könnte erfrieren oder gar verhungern (bspw. beim Wintersport im Auerhahn-Revier).




Quellen: Assata Frauhammer „Im Winterwald“ SÜDWEST PRESSE/KRUSCHEL 5.1.23; Doku „Wunder des Winterwaldes“ (TVdirekt 1/2021/Anja Matthies – Interview mit Förster Peter Wohlleben); HF Hartmut Felgner „Die Rückkehr der Großraubtiere“ und F-Serie; Bestimmungshilfe für Naturfreunde „Fährten und Spuren“ DJV 2023; Wikipedia. Siehe auch Urs Willmann „Comeback“ DIE ZEIT N° 613, Assata Frauhammer „Borstige Allesfresser“ SÜDWEST PRESSE / KRUSCHEL 14.12.20 und Leonie Dries „Die Stockwerke des Waldes“ 11.3.23!