Die Wölfe kehren zurück – mehr als 180 Rudel leben wieder in den deutschen Wäldern

Sie sehen beeindruckend aus, aber man bekommt sie selten zu Gesicht: Wölfe leben seit gut 20 Jahren wieder in unseren Wäldern, nachdem sie 150 Jahre lang ausgerottet waren. Darüber freuen sich Naturschützer sehr, doch Nutztier-halter wie Schäfer und Landwirte haben Angst um ihre Tiere.

Bis vor etwa 150 Jahren war der Wolf Canis l. lupus, auch Grauwolf genannt, in Deutschland so lange gejagt worden, bis alle Tiere getötet waren. Die Menschen hatten Mals sehr viel Angst vor den geschickten Raubtieren und wollten auch ihre Schafe, Hühner und Rehe schützen. Seit 1990 steht der Wolf in Deutsch-land unter Naturschutz (Schutzstatus: Washingtoner Artenschutzabkommen CITES-Anhang II/Berner Konvention BK-II/EU-ArtSchVO-A+B/Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie FFH-II+IV/BNatSchG-b = „besonders geschützt“ + s = „streng geschützt“/BArtSchV-b/s/Rote Liste Kat. 3 „gefährdet“/“Tier des Jahres 2003″/ Wolfsmonitoring FVA BW) und darf in der Regel nicht getötet werden. Dadurch sind einzelne Wölfe und Wolfspaare aus Polen oder Italien wieder nach Deutschland eingewandert. Sie ließen sich zuerst in Brandenburg und Sachsen nieder, wo auch auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz die ersten Wolfs-welpen in freier Wildbahn geboren wurden. Mittlerweile gibt es lt. Bundesamt für Naturschutz BfN (Monitoringjahr 1.5.22 – 30.4.23) in Deutschland wieder 184 Rudel, 47 Paare und 22 territoriale Einzeltiere (= 1.000 Expl.).

Wem zufällig Wölfe über den Weg laufen und die Kamera parat ist, darf „draufhalten“ (sich aber auf keinen Fall dem Wolf nähern, auch nicht, um das Tier zu fotografieren)! Sie jedoch gezielt aufzusuchen bzw. ihnen nachzustellen ist kein „Kavaliersdelikt“, sondern eine Straftat mit Androhung bis zu 5 Jahren Gefängnis (Polizeiticker.ch 19.2.21; FR 4.5.21). Bei fast allen Wolfsfotos in Polen war ein Forstbeamter bzw. Ranger zugegen („illegaler Wolfstourismus auf Truppenübungsplatz“ DJZ 26.2.21)! 

Steckbrief: Gewicht: 45 – 50 kg; Schulterhöhe: 60 – 80 cm; Paarungszeit: Jan. – März. Vorkommen: Sehr anpassungsfähige Wildart, in Offenlandschaften und Wäldern, seit 1998 in Deutschland wieder heimisch. Verhalten: lebt in großen Rudeln auf bis zu 300 km². Besonderheit: Wird auf den ersten Blick leicht mit einem Schäferhund verwechselt. Stammvater aller Hunderassen (einen Pudel und Wolf unterscheidet nur 1 % der DNA). Wölfe werden etwa 10 – 13 Jahre alt und bekommen einmal im Jahr Nachwuchs.

Die Jungen verlassen nach 1 („Jährling“ – 3 Jahren das Rudel und suchen sich neue Partner und ein neues Revier (dabei können sie Strecken von 800 km und mehr zurücklegen. ’09 ist der Lausitzer Wolf „Alan“ bis nach Belarus gelaufen; in entgegengesetzter Richtung wäre dies bis Paris gewesen FAPAS 28.12.17). 

Wölfe fressen v.a. Rehe, Rotwild Cervus elaphus, Mufflon Ovis orientalis musimon (Neozoen) und Wildschweine Sus scrofa, und in Skandinavien aber auch Ren-tiere Rangifer tarandus, Weißwedelhirsche Odocoileus virginianus (…aus Minnesota/USA in den 1930/40-ern ausgesetzt, inzw. in ganz Skandinavien ausgebreitet) und Elche Alces a. alces (zum Foto: Elchkuh „Matylda“ regelmäßig auf dem Zarenweg/Carska Droga – Biebrzański Park Narodowy/Polen) – suchte die menschliche Nähe zum Schutz ihres Kalbes vor Wölfen.. Manchmal reißen sie auch Schafe u.a. Nutztiere. Ein erwachsener Wolf frisst täglich etwa 2 – 3 kg Fleisch. Nicht immer erfolgreich, können sie nach längerer Zeit ohne Nahrung 1⁄4 ihres Körpergewichts auf einmal fressen (im Extremfall ≈ 12,5 kg/24 h). Für einen Menschen von 80 kg sind das ≈ 20 Schnitzel bei einem Abendessen. In Notzeiten können sie mehrere Wochen ganz auf Nahrung verzichten.

Anmerkung zum Foto (links): Fotografiert in den Tagebau-Restlöchern des Naturparks Niederlausitzer Heidelandschaft/Brandenburg; (F: rechts): Verwaschene Wolfsspur – typisch: „schnürender Trab“ – der Wolf setzt die Hinterpfote in den Abdruck der Vorderpfote derselben Körperhälfte.

Anmerkung: Als Mindestschutz gelten mindestens 90 cm hohe, stromführende Elektro-Zäune (Stromnetze, Litzenzäune mit mindestens 5 Litzen) mit festem Bodenabschluss. (FVA-Vidios WeidenetzeLitzenzäuneWildgehege. Dr. Regina Walther, Wolfsmonitor SN, „Zum angewandten Herdenschutz mit Herden-schutzhunden“ – Symposium MLR BW 19.3.18. Positionspapier zur Weidetier-haltung 12.6.19; „Finanzielle Aufstockung Herdenschutz“ UM BW–Rubrik Wolf). 

Zum Foto (links): fester Wolfsschutzzaun (Ldkrs. Uckermark/BSR Schorfheide-Chorin/Brandenburg); (F: rechts): Herdenschutzhund benannt nach dem zw. Kosovo und Mazedonien gelegenen Grenzgebirge „Šar Planina“.

Hilfe für Landwirte: Schäfer und Bauern wollen ihre Tiere vor dem Wolf schützen. Sie bekommen z.B. Geld vomUmweltministerium, um hohe Zäune aufzubauen. Wir trotzdem ein Tier von einem Wolf getötet, bekommen sie oft eine Entschädigung. Viele kritisieren aber, dass es viel zu kompliziert ist, diese Hilfen zu beantragen und sie ihre Tiere nicht ausreichend schützen können. Die Politiker in Deutschland haben jetzt entschieden, dass es leichter werden soll, einen Wolf (s.g. Problemwolf) ausnahmsweise abzuschießen, wenn er für bestimmte Nutztiere eine Gefahr ist. Normalerweise ist das nämlich streng verboten. Naturschützer kritisieren diese neue Regelung. Sie freuen sich über die Rückkehr des Wolfes und sagen, dass es wichtig ist, die Tiere zu schützen. Jedes Jahr sterben ohnehin viele Wölfe, weil sie von Autos überfahren oder abgeschossen werden, obwohl das nicht erlaubt ist.

Autobahnen ‚BAB‘ in Deutschland: Wolfsgebiete mit den meisten Straßen weltweit; ≈ 13.000 km BAB sind eine latente Gefahr, die schon manchen Artgenossen zur Strecke gebracht hat. V.a. Juv. werden Unfallopfer (häufig laufen sie Elterntieren hinterher, ohne auf den Verkehr zu achten). D-weit wurden seit 2000 ≈ 387 Wölfe überfahren. 

„Rotkäppchens Erben“ SZ-Magazin 21/2015 – Das beste aus aller Welt © Dirk Schmidt (Illustrator/Grafiker, München – genehmigt 14.9.16).

Keine Angst vor Wölfen: Für den Menschen sind die Wölfe normalerweise keine Gefahr. Sie sind sehr scheu und halten sich von Menschen fern. Einen Wolf in freier Wildbahn zu sehen ist deshalb für die meisten sehr unwahrscheinlich.

Solltest du doch einmal einen sehen, verhalte dich ruhig, dann zieht sich der Wolf in der Regel von selbst zurück. Auf keinem Fall solltest du dem Wolf nachlaufen oder gar füttern. Das kann sein Verhalten gegenüber den Menschen ändern und dann gefährlich werden. Falls du einen Hund dabei hast: in jedem Fall anleinen und nahe bei dir behalten; gleiches gilt auch bei Luchs-begegnungen!

Wolf & Jagdhund: Eine Begegnung wird immer wahrscheinlicher, wie ein † Unfall auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz dokumentiert. I.d.R. kommt es zu Zusammenstößen, wenn Hunde sich allein im Gelände bewegen und dort auf Wölfe treffen, die sie als Artgenossen bzw. Eindringlinge ansehen.

Anm.: Gegen den allgemeinen „Rotkäppchen“-Trend (Wolf als Bösewicht) z.B. die US-amerikanisch-britische Literaturverfilmung 1990 von Kevin Costner -Online-Vortrag „Wolf und Schaf“ mit Eckhard Fuhr 3.12.21 – und die entzückenden Neuerscheinung „Blaukäppchen und der gute Wolf“ von Nico Sternbaum (Autor/Illustrator, Wiesbaden, genehmigt 7.4.22).

Quellen: Nina Jakobs „Die Wölfe sind zurück“ SÜDWEST-PRESSE/KRUSCHEL 9.9.20; Wikipedia; Hartmut Felgner „Die Rückkehr der Großraubtiere“ pdf und F-Serie; Bestimmungshilfe für Naturfreunde „Fährten und Spuren“ DJV 2017. Siehe auch Urs Willmann „Comeback“ DIE ZEIT N° 613!