Weitere Wasser- und Strandvögel (Teil II)

Feuchtgebiete und Binnengewässer sowie Nord- und Ostsee sind vorrangig die Regionen, wenn sie die Vögel aus Teil II kennenlernen wollen. Zu den Arten der Küsten und Feuchtgebiete zählen hier die zahlreichen Schnepfenvögel (Limikolen und Watvögel, bspw. Austernfischer, Großer Brachvogel u. Regen-, Grün- und Rotschenkel, Kampfläufer, Kiebitz, Odinshühnchen, Pfuhlschnepfe, Säbelschnäbler, Stelzenläufer, Uferschnepfe; ferner kleinere Limikolen wie Alpen- u. Zwergstrandläufer, Bruchwasserläufer, Flussregenpfeifer, Flussufer-läufer und Steinwälzer), die ausgesprochene Strand- und Weichbodenvögel sind. Während der Zugzeiten bieten v.a. die Watten der Nordsee unvergeßliche Erlebnisse: Hier konzentrieren sich Abertausende von Strand- u. Wasservögeln, und von manchen Arten sind zu gewissen Zeiten fast die gesamten Bestände, die es von ihnen auf der Welt gibt, dort versammelt. Das unterstreicht deren Bedeutung, weist aber auch auf die hohe Verantwortung hin, die wir für ihren Schutz und Erhalt tragen.

Austernfischer „Seevogel des Jahres 2014“ (Fotos: N.P. SH-Wattenmeer – zählt zu den Flying Five des Wattenmeeres).

Unter den mitteleuropäischen Vögeln ist der Austernfischer Haematopus ostralegusan seinem schwarzen Gefieder und dem orangeroten Schnabel leicht zu erkennen. Sie bewohnen die Küsten Mitteleuropas u. gehören dort zu den auffälligsten Vögeln. V.a. sieht man sie in Dünen- und Wattlandschaften sowie im küstennahen Marschland. Dort brüten sie vielfach in lockeren Kolonien.

Lebensraum/Brutrevier (F: Marschland – entstanden durch allmähliche Verlandung der Salzwiesen durch Ansiedlung an Pionierpflanzen / Westerheversand/N.P. SH-Wattenmeer).

PS: Der Austernfischer öffnet Muscheln, indem er seinen seitlich abgeflachten Schnabel zwischen die Schalen steckt, ihn dann verkantet und so die beiden Hälften auseinander drängt.

Großer Brachvogel (F: NSG Zwillbrocker Venn/NRW).
Lebensraum (F: LSG Düffel-Kellener Altrhein und Flußmarschen / Niederrhein/NRW).

Der Große Brachvogel Numenius arquata ist größer u. langschnäbeliger als der Regenbrachvogel. Er bewohnt ausgedehnte Wiesengelände in der Ebene sowie Sümpfe und Moore mit ich zu hoher Vegetation. V.a. die Umgestaltung solcher Lebensräume durch den Menschen hat dazu geführt, dass diese Art in Mittel-europa selten geworden ist. Außerhalb der Brutzeit sieht man ihn häufig an den Küsten v.a. im Watten-meer. An der Küste sammeln sie sich häufig an bestimm-ten Rastplätzen, die sie mit anderen Limikolen teilen.

Regenbrachvogel (F: N.P. Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer).
Lebensraum in Skandinavien (F: „Aapamoor“ oder auch „Strangmoor“ / Regenmoor im Urho-Kek-konen N.P./FIN IUCN-IV).

Der Regenbrachvogel Numenius phaeopus ist größer als eine Ufer- oder Pfuhl-schnepfe u. hat einen abwärtsgebogenen Schnabel. Er brütet in Skandinavien, Nordosteuropa und Sibirien, im Norden der Britischen Inseln und auf anderen Inseln des Atlantiks. Er überwintert in tropischen Gebieten Afrikas. Auf dem Frühjahrs- und Herbstzug ist er an allen Küsten Europas, seltener im Binnen-land zu beobachten. In seiner nordischen Brutheimat bewohnt er Moore und Sümpfe mit niedriger Vegetation sowie Tundralandschaften.

Grünschenkel (F: N.P. SH-Wattenmeer).

Grünschenkel Tringa nebularia sind langbeiniger als Waldschnepfen und Bekassinen. Sie haben ihren Namen nach ihren olivgrünen Beinen. In Mittel-europa ist er ein regelmäßiger Durchzügler aus dem Norden; überwintert in Afrika. Seine Brutgebiete liegen in der borealen Zone Nordeurasiens. Dort bewohnt er offene Moore und Sümpfe mit nicht zu hoher Vegetation, ferner Lichtungen in nordischen Wäldern sowie Verlandungszonen von Seen. Außerhalb der Brutzeit hält er sich auf Schlickflächen des Wattenmeers, auf Rieselfeldern und an Binnengewässern mit Flachen Uferzonen auf.

Lebensraum (F: Patvinsuon kansallispuisto/Finnland).

Merkmale: Größe: Im Flug fallen der weiße Bürzel und untere Rücken auf. Manchmal rennen die Vögel mit großen Schritten durch das flache Wasser, um Beutetiere aufzuscheuchen. Im Fliegen lassen sie ein melodisches „Tütütü“ hören.

Rotschenkel (F: N.P. Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer).

Der Rotschenkel Tringa totanus ist durch seine roten Beine und die großenteils weißen Armschwingen gekennzeichnet. Er bewohnt in Mitteleuropa nasse Wiesen, Moore und Salzsümpfe an der Küste. Teilzieher, der in West- und Süd-europa überwintert. Zur Zugzeit findet man ihn an Gewässern mit Schlamm-bänken, auf Rieselfeldern, im Watt und an ähnlichen Stellen.

Lebensraum (F: Salz-Schlickgras Spartina angelica im Gezeitenbereich des Wattenmeeres… N.P. SH-Wattenmeer).

Weitere Merkmale: Meist suchen sie ihre Nahrung au schlammigen Flächen und picken sie von der Oberfläche auf (Foto zuvor). Wenn Eindringlinge in die Brut-reviere kommen, fliegen die Altvögel laut rufend umher. Außerhalb der Brutzeit versammeln sich Rotschenkel gerne in der Gezeitenzone (Foto), um dort nach Nahrung zu suchen.

In ihren überaus prächtigen Hochzeitskleidern – sie werden nur 2 Monate lang getragen – sehen alle ♂♂ Kampfläufer Philomachus pugmax anders aus. Denn ihre großen, aufstellbaren Halskrausen und die Ohrbüschel können nicht nur schwarz und weiß, sondern auch purpurbraun oder kastanienbraun gefärbt sein und eine marmorierte oder wellige Zeichnung haben. Sie kommen in allen Übergängen und Färbung und Zeichnung vor. In Mitteleuropa brütet er nur in den nördlichen und westlichen Gebieten. Er bewohnt dort Niederungswiesen und Salzsümpfe mit entsprechender Vegetation. Teilzieher; überwintert an den Küsten Westeuropas bis Südafrika, auch in Südasien und in geringer Zahl in Großbritannien. Zur Zugzeit trifft man ihn an Gewässern aller Art mit Schlammbänken sowie auf Schlickflächen (Foto rechts).

Lebensraum (F: Überschwemmungsareal „Biebrza“ – Kampfarena für den Kampfläufer – Wappen-vogel des Biebrzański Park Narodowy/Polen).

Weitere Merkmale: Im Brutgebiet versammeln sich die ♂♂ bald nach ihrer Ankunft auf bestimmten Kampfplätzen, wo sie um die Positionen der Platz-hähne kämpfen.

Kiebitz ♂♥ (F: Umgebung Buda Ruska/Krasnopol/PL).
Lebensraum (Rheinwiesen bei Xanten / Niederrhein/NRW).

Der taubengroße (30 cm) Kiebitz Vanellus vanellus ist an seinem schwarzweißen Gefieder und dem langen Schopf gut zu erkennen Er bewohnt offenes Gelände mit nicht zu hoher Vegetation. Man findet ihn daher v.a. auf feuchten Wiesen, auf Schlammbänken, feuchten Ackerland, Rieselfeldern und ihn ähnlichen Landschaften. Seinen Namen hat er von dem gellenden, wie „kiewit“ klingenden Rufen, die er im Frühling bei gaukelnden Flügen über seinem Revier häufig hören läßt. Teilzieher; überwintert v.a. im Küstenbereich. Siehe auch „Hoffnungsschimmer für den „Vogel des Jahres“ SWP/dpa 12.4.24!

Odinshühnchen ♀ / Red-necked Phalarope (F: parallel Susitna River/AK-US).
Lebensraum (F: Susitna River u. parallele Gewässer – im Foto mit Sturmmöwe (Common gull) + Ro-thalstaucher (Red-necked grebe; Hintergrund: Clearwater Mts./Alaska).

Das Odinshühnchen Phalaropus lobatus gehört wie das Thorshühnchen zur Familie der Wassertreter. Dieser Name rührt daher, dass die Vögel häufig mit den Füßen ständig rudernd, im Kreise schwimmen. Es hat zw. zwischen den 3 Vorderzehen eine angedeutete Schwimmhaut. Durchzügler, der auf dem Süd-atlantik überwintert (auf dem Herbstzug zeigen viele Odinshühnchen noch Spuren des Brutkleides, dann vermausern sie völlig). Sie brüten im Norden Europas und Asiens sowie auf Inseln im Atlantik. Sie bewohnen dort Binnen-seen und Teiche mit Verlandungszonen sowie arktische Sumpfgebiete.

Pfuhlschnepfe (F: Marschland Westerheversand / N.P. SH-Wattenmeer).
Im Winter bilden Pfuhlschnepfen gern größere Gesellschaften, oft gemeinsam mit anderen Arten (F: N.P. SH-Wattenmeer).
Lebensraum in Nordskandinavien (F: „Aapamoor“ oder auch „Strangmoor“ / Regenmoor im Urho-Kekkonen N.P./FIN IUCN-IV).

Heimat der Pfuhlschnepfe Limosa lapponica ist Nordskandinavien, Nordost-europa und Sibirien. Im Winter kommt der Vogel an die Nordseeküste, ins Mittelmeergebiet und in das tropische Afrika. In ihrer Brutheimat bewohnt sie Tundralandschaften und Sumpfgebiete. Außerhalb der Brutzeit begegnet man ihr an Meeresküsten , v.a. im Bereich des Wattenmeeres, wo man sie häufig in größerer Zahl sieht – nicht selten mit anderen Limikolen, z.B. Brachvögeln (im Foto Austernfischer), vergesellschaftet. Auch in Binnengewässern mit schlam-migen Ufern trifft an diese Art an.

Eine von Forschern mit einem Sender ausgestattete Pfuhlschnepfe flog non-stop in 9 Tagen insges. 11.600 km über den Pazifik – das ist Weltrekord! (NABU-Porträt).

Säbelschnäbler (F: Fertő-Hanság Nemzeti Park/Ungarn).
Lebensraum (F: Priel bei Niedrigwasser – „Wattrinne“ / N.P. SH-Wattenmeer).

Das schwarzweiße Gefieder des Säbelschnäblers Recurvirostra avosetta und sein säbelartig aufwärtsgebogener, langer Schnabel sind charakteristisch, dass man die Art kaum ver-wechseln kann. Er bewohnt in Mitteleuropa die Küsten-bereiche; außerdem kommt er an salzhaltigen Binnengewässern im Südosten, z.B. im Gebiet des Neusiedler Sees (Foto) vor. Er kann schwimmen, gründelt oft u. steht gern auf einem Bein. Zugvogel: überwintert vorwiegend in der Bretagne und weiter südlich; große Schwärme ziehen bis Ostafrika.

Der Stelzenläufer Himantopus himantopus ist ein Brutvogel in Feuchtgebieten Südeuropas; örtlich im südlichen und westlichen Mitteleuropa (an Lagunen, Verlandungsgewässern aller Art in offener Landschaft); bei uns gelegentlich Sommergast, hat aber vereinzelt erfolgreich gebrütet. Z.Z. gibt es ein kleines Brutvorkommen im Nordosten von Nordfriesland/SH.

Uferschnepfe (Fotos: Narwiański Park Narodowy/Polen…).
Lebensraum (…Uferschnepfen im Gelände – Fotoergebnis siehe zuvor; von Buda Ruska zur N.P.– Verw.PL © Jerzy Lipinski).

Die Uferschnepfe Limosa limosa ist eine große Limikole (40 cm) mit langem, geraden Schnabel und einem weißen Schwanz mit breiter, schwarzer Endbinde. Sie bewohnt in Mitteleuropa feuchtes Wiesengelände, Küstenwachen und Moore. Außerhalb der Brutzeit trifft man sie an Küsten und Binnengewässern mit schlammigen Ufern an. Teilzieher; überwintert in West- und Südeuropa.

Symbofoto für die folgenden kleineren Limilolen – seit 1990 bildet der N.P. zusammen mit den nordfriesischen Halligen das von der UNESCO anerkannte Biosphärenreservat Schleswig-Hol-steinisches Wattenmeer und Halligen.
Alpenstrandläufer ♥ – zählt zu den „Flying Five“ (F: N.P. SH-Wattenmeer).

Im Brutkleid ist der Alpenstrandläufer Calidris alpina durch seinen schwarzen Bauch gekenn-zeichnet. In Mitteleuropa kommt er örtlich in Norddeutschland als Brutvogel vor. Außerhalb der Brutzeit findet man ihn an allen europäischen Küsten, vor-wiegend im Wattenmeer, auf Schlickflächen, an Stränden, ferner an Binnen-gewässern mit Schlammbänken. Teilzieher; überwintert an europ. Küsten (die häufigsten Strandläufer Mitteleuropas). Bei Flut sieht man oft riesige Schwärme wie Wolken an der Küste entlangziehen. Bei der Nahrungs-suche hinterläßt der stochernde und weiterlaufende Alpenstrandläufer eine Spur im Grund, die von einer Nähmaschine verursacht zu sein scheint.

Der Zwergstrandläufer Calidris minuta ist der kleinste (13,5 cm) Strandläufer Mitteleuropas, kleiner als ein Haussperling. In Mitteleuropa sind sie nur Durch-zügler; ihre Brutgebiete liegen im nordöstlichen Europa sowie in Nordsibirien. Sie überwintern v.a. im tropischen und südlichen Afrika, einige Expl. auch im Küstenbereich der Iberischen Halbinsel sowie im Mittelmeerraum. Sie suchen ihre Nahrung, indem sie im Schlamm oder flachen Wasser stochern (li. Foto).

Bruchwasserläufer ♥ (F: Bibergraben am Zarenweg „Carska Droga“ / Biebrzański Park Narodowy/PL).

Der Bruchwasserläufer Tringa glareola ist kleiner (etwa starengroß, 20 cm) und nicht so dunkel wie der Waldwasserläufer; Bürzel und Unterseite weiß; Ober-seite dunkelbraun und ohne Flügelabzeichen; Schnabel schwärzlich, mit oliv-farbener Wurzel. Vom Waldwasserläufer unterschieden durch helle Unter-flügel, einen kräftigen, weißen Überaugenstreif, dunkle Flankenzeichnung. Die Beinfarbe variiert von Gelboliv, Oliv bis Braunoliv, mit grauen Gelenken; oft aber schlammüberzogen und dann schwarzgrün wie beim Waldwasserläufer. Vorkommen: Hochmoore mit offenem Wasser in der Tundra und Taiga Eurasiens; seltener Brutvogel Norddeutschlands. Überwintert im tropischen Afrika.

Der Flussregenpfeifer Charadrius dubius ist eine der beiden -Arten, die im Brutkleid ein durch-gehendes schwarzes Halsband haben. Er bewohnt in Mitteleuropa Sand- und Kiesufer an Binnengewässern sowie Rieselfelder und Schuttplätze. Dort fällt er v.a. durch seine Rufe auf. Am häufigsten ist ein weicher abfallender Pfiff, der wie „tiüh“ klingt. Hieran kann man ihm vom ähnlichen Sandregenpfeifer unterscheiden, bei dem der Ruf ansteigt. Wie andere Regenpfeifer auch, rennen sie gleich einer Kugel dahin und bleiben ab und zu ruckartig stehen. Sommervogel, der vorwiegend in Afrika überwintert.

Flussuferläufer (F: Donau-Staustufe Oberelchingen/Lkrs. Neu-Ulm).

Der etwa stargroße (20 cm) Flussuferläufer Actitis hypoleucos ist über mehr als die halbe Welt verbreitet. Er bewohnt sandige oder mit Geröll bedeckte Ufer von Binnengewässern, wo er umhertrippelt und gern mit dem Körper auf und ab wippt. Außerhalb der Brutzeit begegnet man ihm an Binnengewässern aller Art sowie örtlich an der Küste. Im Gegensatz zum Wald- und Bruchwasserläufer hat er keinen weißen Bürzel , dafür aber einen auffallenden weißen Flügelstreif. Der dunkle Schwanz und der weiße Flügelstreif und charakteristische Kenn-zeichen im Flug. Teilzieher; überwintert in Afrika, lokal auch in Europa. Oft fliegt er mit ruckartigen Flügelschlägen niedrig über dem Wasser dahin.

Steinwälzer (F: …auf einer „Lahnung“ – N.P. SH-Wattenmeer)

Im Brutkleid ist der Steinwälzer Arenaria interpres recht bunt. Seinen Namen hat er erhalten, weil er mit dem leicht aufwärtsgebogenen Schnabel kleine Steine, Holzstückchen und Tanghaufen umwendet, um darunter Nahrung zu suchen. Erbeutet an den Küsten Nordeuropa, Sibiriens und Nordamerikas. Dort bewohnt er Küstenzonen mit spärlicher Vegetation und Geröll oder Kiesstrand sowie Tundralandschaften mit niedrigem Pflanzenbewuchs. Im Flug zeigt der Vogel seinen weißen Rücken u. eine charakteristische Zeichnung in den Flügel und unter dem Schwanz. Durchzügler und Wintergast; Übersommerer an der Küste. Sie setzen sich gern auf Felsbrocken im Wasser: dort versammeln sich oft mehrere von ihnen.

Quellen: Walter Thiede „Wasservögel und Strandvögel“, BLN Naturführer (ISBN 3-405-13806-X); „Das Reader’s Digest Buch der Vogelwelt Mitteleuropa“ Das Beste (ISBN 3 87070 044-0); „Wegweiser durch die Natur – Vögel Mitteleuropas“ Das Beste (3 87070 180 3); NABU-Vogelporträt; Wiki. Siehe auch Claudia Füssler „INFOGRAFIK: ZUGVÖGEL“ DIE ZEIT N° 16 / NR 563 vom 8.4.20!