Der Seeadler – Herrscher der Lüfte & Wappentier

Der Seeadler, als Wappenvogel Symbol der Stärke, erobert sich in Deutschland sein altes Reich zurück.

Logo Deutscher Bundestag (Wikipedia)

Vor allem im Flug ist er unverkennbar. Mit wenigen kraftvollen Flügelschlägen schraubt er sich lautlos in die Höhe und kreist gelassen am Himmel – Flügel-spannweite knapp 2,5 Meter.

Seeadler Haliaeetus albicilla (F: NSG Galenbecker See/Lkrs. Mecklenburger Seenplatte/MV) © Wilhelm Knopp

Erspäht er Beute in Seen oder Flüssen, stürzt er rasant nach unten, spreizt die Krallen und packt damit knapp unter der Wasseroberfläche den Fang. Er könnte fast ganz ins Wasser eintauchen, tut dies aber eigentlich nur bei tief schwimmender oder kapitaler Beute. Er strengt sich nicht mehr an als nötig, so heißt es. Seine Effektivität sei eines seiner Erfolgsgeheimnisse. Der Seeadler zählt zu den imposantesten Greifvögeln Europas und hat eine bewegte Geschichte hinter sich: Sein fester Blick, seine Größe, die mächtigen Fänge und der messerscharfe Schnabel machten ihn zum Herrscher der Lüfte – und zum Wappentier der Könige. Schon die Römer erwählten den Adler zum Symbol ihrer Militärmacht, seine ausgebreiteten Schwingen zum Zeichen der Weite ihres Herrschaftsgebietes. Der Adler, auch Aquila genannt, war die Standarte jeder römischen Legion und stand für die Macht und Stärke des Römischen Staates (PS: Besonders bekannt durch den historischen Roman „Der Adler der neunten Legion“ der britischen Schriftstellerin Rosemary Sutcliff und den gleichnamigen Film von Kevin Macdonald. Im 12. Jh. wurde er auch im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation zum Wahrzeichen. Seitdem ist er auf Dutzenden regionalen und überregionalen Wappen zu finden, auf den Fahnen von 17 hochklassigen europäischen Fußballclubs – und im Emblem der Bundesrepublik.

Um Beute im Wasser zu machen, stürzen Seeadler pfeilschnell vom Himmel in die Tiefe – vorzugs-weise erbeutet er Fische, die sich nah an der Wasseroberfläche aufhalten, und das bis zu 5 kg (F: Trollfjord/Norwegen) © Svenia Felgner
Obwohl er in erster Linie kranke oder schwache Tiere erbeutet, zählen aber auch Vögel (F: N.P. SH-Wattenmeer) bis Graugansgröße, Säugetiere (F: N.P. SH-Wattenmeer) und Aas (Elchriss vom Wolf, F: nahe Wigry-See/Wigierski Park Narodowy/Polen) zu seinen Hauptnahrungsquellen.
Der Schnabel, einer der größten der heimischen Vogelwelt, hilft ihm bei großen Happen wie totem Wild (wie bspw. zuvor – F: Parc Animalier de Sainte-Croix/Frankreich)!

Doch auch Könige können stürzen: Etwa seit dem 17. Jh. wurden Adler als Enten-(F: N.P. SH-Wattenmeer – die deutschsprachige Bezeichnung bürgerte sich durch den Daunenhandel ein. Sowohl die Bezeichnung für den Vogel als auch seine Federn = „Eiderdaunen“ sind dem isländischen æðr entlehnt.) und Gänsemörder (F: Europäisches Vogelschutzgebiet ‚SPA‘ + NSG Zschornaer Teiche/SN) gejagt. Selbst der einflussreiche „Tiervater“ Brehm rief Mitte des

19. Jh dazu auf, „schädliche Vögel, v.a. die Adler“ zu vernichten. Nur noch 15 Brutpaare gab es 1900 in Deutschland – dann setzte langsam ein Umdenken ein. Nach 1945 ließ der Einsatz des Insektizids DDT die Bestände jedoch erneut schrumpfen. Die Adler nahmen DDT über ihre Beutetiere auf, es reicherte sich in ihrem Fettgewebe an, ließ die Schalen ihrer Eier dünn und brüchig werden.

Erst in den 1970ern wurden DDT-haltige Produkte EU-weit verboten, zugleich die Greifvögel (F: NSG Galenbecker See/Mecklenburgische Seenplatte) und ihre Horste (…die über Jahre genutzt werden, können einige 100 kg schwer werden und einen Durchmesser von 2 m erreichen; F: Narwiański Park Krajobrazowy/ Polen) unter Schutz gestellt. Die Rückkehr der Adler begann – und dauert bis heute an. Lt. WWF wurden wieder rund 1.040 Paare gezählt. V.a. im wasser-reichen Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg schuf man mit groß-räumigen Schutzzonen die Basis für die Rückkehr des königlichen Vogels. Auch im Westen Deutschlands erholen sich die Bestände inzwischen wieder: „Ein beeindruckendes Beispiel ist Schleswig-Holstein – dort waren in den 70ern nur noch vier Brutpaare übrig. 2023 waren es dann schon 147. Das ist ein großer Erfolg des Naturschutzes“, so WWF-Experte Dr. Hans-Ulrich Rösner.

Seeadler (F: Fährverbindung „Siebeneichen“ über den Elbe-Trave[Lübeck]-Kanal/SH).

Seeadler sind standorttreu und lieben die Höhe. Um ihre je ein bis zwei Eier zu bebrüten, beziehen sie alte, mächtige Eichen, Buchen (Foto ff.) und Kiefern. So war es zumindest über Jahrzehnte. Inzwischen erweisen sich die Greife als sehr

Seeadlerhorst – die Wohnung für bis zu zwei Nesthocker (erst mit 4 – 5 Jahren werden sie geschlechtsreif; F: Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin/BB)

flexibel und nutzen in offenen Landschaften zunehmend Pappeln. Auch in Hamburg, vor den Toren Berlins und am Rand des Ruhrgebiets leben mittlerweile Seeadlerpaare… Sie halten meist gebührend Abstand zu Menschen. Ebenso wie ihre Beute können sie sie mit ihren sprichwörtlich scharfen „Adleraugen“ aus bis zu 2 km Distanz taxieren. Kriegt man sie dennoch einmal aus der Ferne zu Gesicht, ist das ein Erlebnis.

Quellen: ARTE-Doku „Deutschlands neue Wildnis“; TVdirekt/Dirk Detjen Nr. 21 4.-17.10.25 ; NABU – Steckbrief; Wikipedia.