Mehr als 80 % aller Pflanzen weltweit sind auf die Fremdbestäubung durch Tiere angewiesen. Sie nutzen verschiedene, teilweise sehr ausgefallene Strategien, um Bestäuber anzulocken.
Wege der Bestäubung:
Durch Wind Anemophilie: Wind weht die Pollen von einer Pflanze zur anderen. Windblütige Pflanzen sind meist unscheinbar. Bei Nadelbäumen, aber auch bei vielen Laubbäumen wie Hasel und Birke, sowie bei Gräsern (ff. Foto) und Brennnesseln erfolgt die Bestäubung durch den Wind.
Durch Selbstbefruchtung Autogamie: Die Pollen werden nicht zu anderen Pflanzen befördert, sondern gelangen an die Narbe der gleichen Blüte. Landwirtschaftliche Nutzpflanzen wie Gerste, Bohnen oder Erbsen vermehren sich durch Selbstbefruchtung. Auch unter den Ruderal- und Pionierpflanzen sind häufig Selbstbefruchter, z.B. Hirtentäschel, Klebkraut (Labkraut) und Greiskraut (ff. Foto).
Durch Tiere Zoophilie: Die Pflanzen locken durch ihr Aussehen und Duftstoffe Tiere an, denen bei Berührung die Pollen anhaften.
PS: Die Epichorie ist eine spezielle Form der Zoochorie. Unter Epichorie bzw. Epizoochorie oder Anhafter versteht man die an Tiere angepasste Ausbreitung von Samen oder Früchten einer Pflanze (in Fotos zuvor: Fruchtstände der Großen Klette Arctium lappa) Anhaftung an die Körperoberfläche eines Tieres.
Nicht jede Pflanze möchte von Tieren bestäubt werden, die auch ganz unterschiedliche andere Pflanzen (Foto) anfliegen, da auf diese Art unter Umständen der wertvolle Pollen verschwendet wird. Zwischen unterschied-lichen Pflanzenarten ist in der Regel keine Befruchtung möglich, deshalb soll der Pollen möglichst von Tieren transportiert werden, die immer Blüten der gleichen Art anfliegen. Von Bienen weiß man, dass sie sich von lilafarbenen Blüten angezogen fühlen. Weiße Blüten sind bspw. für Nachtfalter besonders attraktiv.
Mimikry: Aus der Welt der Insekten kennt man, dass Tierarten sich durch die optische Angleichung an eine gefährlichere Art zu schützen versuchen (Schutz-mimikry). Auch einige Pflanzen ahmen das Aussehen von Tieren nach, allerdings nutzen sie diesen Effekt, um Bestäuben anzulocken Die zu den Orchideen gehörende Gattung der Ragwurzen Ophrys ist dafür ein beein-druckendes Beispiel:
Ungewöhnliche Bestäuben: Insekten tragen weltweit zum allergrößten Teil der Fremdbestäubung bei, es gibt aber auch Pflanzen, die ohne sie auskommen. Der Nektar einiger Blüten in tropischen und subtropischen Regionen (F: Blut-Johannisbeere Redflower currant Ribes sanguineum – Pacific-Rim-National Park/BC/Kanada) kann nur von Kolibris (F: Rubinkehlkolibri Ruby-throated hummingbird Archilochus colubris an Sommerfütterung mit Zuckerwasser – Trapper Creek am George Parks Highway/Alaska) mit ihren langen Schnäbeln und Zungen erreicht werden.
Duft: Neben dem Aussehen ist der Duft das wirksamste Lockmittel von Pflanzen Dabei gehen einige Arten ungewöhnliche Wege: Um einander zu warnen, senden Bienen bestimmte Düfte aus. Die in China beheimatete Orchideenart Dendrobium sinese kopiert den Geruch, um so Hornissen zu täuschen. Diese vermuten im Inneren des Pflanzenkelchs eine Biene, die als Beute an die Hornissenlaven verfüttert werden könnte. Sie tauchen in den Kelch hinein und nehmen dabei unbeabsichtigt Pollen auf. …wie auch die unscheinbare Pfeifenblumenart Aristolochia microstoma, die in Teilen Griechenlands zu finden ist. Sie lockt Sargfliegen mit dem Geruch verwesender Insekten an. Bei uns sind es bspw. der Südöstliche Aronstab Arum cylindraceum (Ein einem Trichter ähnliches, fahlgrünes Hochblatt besitzt in der Mitte einen purpur-braunen Kolben, den Blütenstand. Dieser sondert einen Aasgeruch ab und lockt so Insekten an, die bei diesem Geruch eine Nahrungsquelle wähnen. Beim Besuch der Blüte erfolgt dann die Bestäubung – F: Wildgehege Eichert, Göppingen) oder die für Teichbesitzer aus Nordamerika eingeführte Gelbe Scheinskalla / Yellow Skunk Cabbage Lysichiton americanus (F: British Columbia/Kanada) mit ihrem ausgeprägten Aasgeruch.
i Schon gewusst? Vorherrschende Meinung in der Wissenschaft war lange Zeit, dass eine Bestäubung durch Tiere nur an Land vorkommt. 2022 fand jedoch ein Forscherteam heraus, dass Sperma einer Rotalgenart Rhodophyta (Synonym: Rhodophyceae) durch die Baltische Meerassel Idotea balthica verbreitet wird.
Quellen: Südwest Presse/WISSEN/scienexx.de/NABU/TU Dresden/N-TV/Spektrum der Wissenschaft 21.9.24; spektrum.de; syringa-pflanzen.de; Wikipedia.